Neuer Bericht zeigt:
Weltweit sind über 50 %
der Schildkröten bedroht
Ein Team internationaler Wissenschaftler hat die 9. Auflage des Atlas „Turtles of the World“ veröffentlicht. Hier finden sich nicht nur detaillierte Beschreibungen aller 357 Schildkrötenarten, sondern auch Informationen zum Gefährdungsstatus aller Arten sowie ein Vergleich ihrer heutigen und ursprünglichen Verbreitungsgebiete. Die Ergebnisse der Wissenschaftler rund um Erstautor Anders G.J. Rhodin sind alarmierend: Über die Hälfte dieser Tiere sind vom Aussterben bedroht.
„Die Ergebnisse der Studie sind ja leider nicht wirklich neu, aber dennoch dramatisch. Seit Jahrzehnten wissen wir, dass wir Schildkröten als ganze Gruppe immer stärker an den Rand der Ausrottung bringen“,
Ein Team internationaler Wissenschaftler hat die 9. Auflage des Atlas „Turtles of the World“ veröffentlicht. Hier finden sich nicht nur detaillierte Beschreibungen aller 357 Schildkrötenarten, sondern auch Informationen zum Gefährdungsstatus aller Arten sowie ein Vergleich ihrer heutigen und ursprünglichen Verbreitungsgebiete. Die Ergebnisse der Wissenschaftler rund um Erstautor Anders G.J. Rhodin sind alarmierend: Über die Hälfte dieser Tiere sind vom Aussterben bedroht.
„Die Ergebnisse der Studie sind ja leider nicht wirklich neu, aber dennoch dramatisch. Seit Jahrzehnten wissen wir, dass wir Schildkröten als ganze Gruppe immer stärker an den Rand der Ausrottung bringen“,
sagt Dr. Philipp Wagner, Kurator für Forschung und Artenschutz. Er ist zuständig für das Internationale Zentrum für Schildkrötenschutz (IZS), das im Allwetterzoo Münster beheimatet ist.
Insgesamt sind 171 Arten als bedroht anzusehen. Hinzu kommen je fünf Arten und Unterarten, die in der jüngeren Vergangenheit bereits ausgerottet wurden. „Bei vielen anderen Arten liegt der Verdacht sehr nahe, dass sie ebenfalls schon ausgerottet sind. Wenn eine Art mehrere Jahre nicht mehr auf den asiatischen Märkten auftaucht, dann können wir davon ausgehen, dass sie kurz vor der Ausrottung steht oder in der Natur bereits verschwunden ist“, führt Wagner aus. „Sowohl im IZS, wie auch unserem Artenschutzzentrum in Kambodscha, dem ACCB, fokussieren wir uns auf die asiatischen Arten, denn sie sind besonders betroffen.“
Es ist nicht nur der Lebensraumverlust
Gründe hierfür sind zum einen der Verlust und die Degradation der Lebensräume. Das Verbreitungsgebiet einer großen asiatischen Flussschildkröte, Batagur trivitata, ist um mindestens 90 % geschrumpft. „Den anderen Flussschildkröten geht es allerdings nicht besser. Im ACCB halten wir eine Population der Südlichen Flussschildkröte Batagur affinis. Ihr Überleben in der Natur ist leider nicht gesichert. Sie leidet nicht nur unter dem Verlust ihrer Lebensräume, sondern ihr wird, wie allen anderen Schildkröten in Asien auch, aktiv nachgestellt. Eier und auch adulte Tiere finden sich auf Märkten, wo sie als Nahrungsmittel angeboten werden.“
Eine dieser Arten ist die Gelbkopfschildkröte Indotestudo elongata. Früher handelte es sich hierbei um eine der am stärksten gehandelten Arten überhaupt. Mittlerweile ist sie kritisch von der Ausrottung bedroht. Daher plant der Allwetterzoo gerade mit seinem Artenschutzzentrum ACCB eine Wiederansiedelung der Art in einem Schutzgebiet in Kambodscha. „Andere Arten müssen von so etwas noch träumen. Nicht weil wir sie nicht wieder auswildern könnten, sondern weil es keinen Sinn macht. Zum Beispiel bei den Scharnierschildkröten der Gattung Cuora, die wir auch im IZS in Münster halten. Sie werden nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch als Medizin sowie als Statusobjekt gehandelt und erzielen teilweise hohe Preise auf
Eine dieser Arten ist die Gelbkopfschildkröte Indotestudo elongata. Früher handelte es sich hierbei um eine der am stärksten gehandelten Arten überhaupt. Mittlerweile ist sie kritisch von der Ausrottung bedroht. Daher plant der Allwetterzoo gerade mit seinem Artenschutzzentrum ACCB eine Wiederansiedelung der Art in einem Schutzgebiet in Kambodscha. „Andere Arten müssen von so etwas noch träumen. Nicht weil wir sie nicht wieder auswildern könnten, sondern weil es keinen Sinn macht. Zum Beispiel bei den Scharnierschildkröten der Gattung Cuora, die wir auch im IZS in Münster halten. Sie werden nicht nur als Nahrungsmittel, sondern auch als Medizin sowie als Statusobjekt gehandelt und erzielen teilweise hohe Preise auf
den Märkten. Da ist es sehr schwer Schutzgebiete zu finden, wo die ausgewilderten Tiere nicht gleich auf den Märkten landen würden. Da muss sich zunächst die Gesellschaft ändern, bevor größere Auswilderungen Sinn machen.“ Und daher setzt das IZS auf Zeit und auf die Kooperation zwischen Zoos und Privathaltern. Betrieben wird das IZS zusammen mit der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) und der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT). „Als Zoo alleine schaffen wir es nicht diese große Zahl unterschiedlicher Arten, die alle kurz vor der Ausrottung stehen, zu schützen. Daher sind wir auf große Netzwerke angewiesen und diese beinhalten nicht nur andere Zoologische Einrichtungen, sondern vor allem viele engagierte Privathalterinnen und Privathalter.“ Und die Herausforderung ist keine kleine, denn so Wagner weiter: „Wir stehen kurz davor eine ganze Wirbeltiergruppe aktiv auszurotten, die schon vor den Dinosauriern existiert hat und im Gegensatz zu diesen komplett aussterben kann. Ja, der Klimawandel stellt in Frage, wie wir heute und morgen leben. Aber das Artensterben, nicht nur bei den Schildkröten, stellt am Ende in Frage, ob wir überhaupt leben. Das sollte nie vergessen werden.“
Originalpublikation:
Turtles of the World: Annotated Checklist and Atlas of Taxonomy, Synonymy, Distribution, and Conservation Status (9th Ed.). In: Conservation Biology of Freshwater Turtles and Tortoises: A Compilation Project of the IUCN/SSC Tortoise and Freshwater Turtle Specialist Group. ISSN (monograph series): 1088-7105. ISBN: 978-0-9910368-3-7 (online) https://iucn-tftsg.org/checklist/