Einer der seltensten Süsswasserfische zieht im Allwetterzoo Münster ein

Rund 1700 andere afrikanische und südamerikanische Buntbarsch-Arten gibt es. Der Mangarahara-Buntbarsch, Ptychochromis insolitus, hat aber etwas, das viele andere Arten nicht haben: einen eigenen lokalen Namen. „Joba Mena“ wird er genannt, was so viel bedeutet wie „rotes Mädchen“. Der Name ist dabei leicht irreführend, verweist er doch auf die roten Flossen der Männchen. Dennoch, die IUCN stuft die Art als „vom Aussterben bedroht“ ein. Gesamtbetrachtet handelt es sich bei der neuen Art im Allwetterzoo Münster sogar um einen der am stärksten bedrohten Fische weltweit.

 

Erst 2006 wurde der Barsch als neue Art beschrieben. Im madagassischen Fluss Mangarahara, der der Art den Namen gab, gilt die Art aber schon als ausgerottet. „Vornehmlich Grund ist, dass sein Heimatfluss durch einen Dammbau immer weniger Wasser bekommt“, sagt Philipp Wagner, Kurator für Artenschutz und Forschung im Allwetterzoo Münster. „Es musste davon ausgegangen werden, dass diese Art damit in der Natur ausgerottet sei.“ Doch die Zoologische Gesellschaft von London (ZSL), der Toronto Zoo und die Universität von Antananarivo starteten eine letzte Suchaktion – mit Erfolg. 2013 wurden 18 Tiere entdeckt – in einem zum Tümpel gewordenen Restgewässer mit schlechter Wasserqualität.

Über Umwege nach Europa

18 Buntbarsche konnten gefunden und in eine Fischzuchtanlage auf Madagaskar überführt werden, wo sie sich erfreulicherweise vermehrten. „Es war der Beginn einer globalen Rettungsaktion. Zum Aufbau eines sicheren Bestandes außerhalb Madagaskars wurde ein Teil der Jungfische nach Kanada geschickt. Auch im Zoo von Toronto vermehrten sich die Buntbarsche so gut, dass einige Tiere nach Europa überführt wurden“, beschreibt der Biologe des Allwetterzoos den Weg der Tiere von Madagaskar nach Europa. „Dem Kölner Zoo, der mittlerweile auch die Zuchtprojekte für madagassische Fische koordiniert, gelang die Zucht ebenfalls, so dass das Netzwerk zum Erhalt der Mangarahara-Buntbarsche größer wurde.“ Zudem gibt es bis heute ein großes Projekt vor Ort in Madagaskar, das sich um den Arterhalt sowie die Bewahrung der letzten Lebensräumer dieser und weiterer Süßwasserfische einsetzt. Es trägt den Namen „Fish Net Madagascar - Connecting communities and experts to save threatened fish species”.

Eine stabile Reservepopulation

Bei Mangarahara-Buntbarschen handelt es sich um etwa 15 Zentimeter lange, hochrückige Fische mit blaugrauer bis silbergoldener Körperfärbung und verstreuten dunklen Flecken verschiedener Größe. Besondere Kennzeichen: Die Flossenränder erwachsener Männchen weisen eine rötliche Färbung auf. Daher auch der Name der lokalen Bevölkerung.

 

Der Allwetterzoo Münster wird mit der Aufnahme von insgesamt 15 dieser Tiere von NaturaGart aus Ibbenbüren teil eines globalen Netzwerkes, das diese Tiere vor der Ausrottung schützt und aktiv dazu beiträgt, eine stabile Reservepopulation unter geschützten Bedingungen zu etablieren.

Für Wagner steht es außer Frage, dass diese Tierart ohne das Engagement der Zoos und vieler weiterer Netzwerkpartner verloren wäre: „Der Lebensraum dieser – und vieler weiterer Arten – wird zunehmend mehr durch Klimawandel, Landwirtschaft und Umweltverschmutzung zerstört. So wird einmal mehr deutlich, dass Zoos und Partner wie Citizen Conservation, die sich ebenfalls für den Erhalt dieser Art einsetzt, wichtige Archen für Tierarten sind, die im ursprünglichen Lebensraum vom Menschen verdrängt wurden. Zugleich machen erfolgreiche Wiederansiedlungen wie die von Fish Net Madagascar Hoffnung für die Zukunft.“

Multible Gefahren in Madagaskar

Madagaskar – die Insel vor der Küste Afrikas beheimatet unzählige seltene Tier- und Pflanzenarten. Viele von Ihnen sind bedroht, wie unter anderem auch die beiden Vari-Arten, die im Allwetterzoo Münster leben. Die Roten-Varis, zu erleben auf der begehbaren Anlage in der Meranti-Halle sowie die Schwarz-Weißen-Varis, die in direkter Nähe zu den Gorillas leben. Aber auch die Fossa, zu finden bei den Löwen, haben ihren Lebensraum in Madagaskar. Sie alle eint, dass sie im Allwetterzoo Münster zu beobachten sind, während ihr angestammter Lebensraum mehr und mehr unwiederbringlich zerstört wird. Grund sind Brandrodung für die Landwirtschaft, das unkontrollierte Abholzen des Regenwaldes für Feuerholz und die Produktion von Holzkohle. Das alles führt dazu, dass immer mehr ursprünglicher Regenwald verschwindet. Die Folgen: Das Ökosystem kommt aus dem Gleichgewicht, Seen und Flüsse trocknen aus, der Lebensraum zahlreicher Fischarten schwindet. Und somit auch die Heimat des Mangarahara-Buntbarschs.