Tierschutzverbände fordern Positivliste für Heimtiere

Allwetterzoo Münster warnt vor katastrophalen Folgen für den Artenschutz

Eine Goldkopf-Schnierschildkröte auf einem Blatt

[Münster, 02.10.2024] Das Tierschutzgesetz in Deutschland soll überarbeitet werden. Die Bundesregierung will Lücken im Tierschutz schließen und bisherige Regelungen an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse anpassen. Einige Tierschutzverbände fordern zudem die Einführung einer sogenannten Positivliste. Der Allwetterzoo warnt eindringlich vor diesem Schritt.

Die Einführung einer solchen Liste hätte nicht nur katastrophale Folgen für Privathalter*innen und Zoos, sondern vor allem für den Artenschutz. Die Positivliste definiert, welche Tierarten privat gehalten und gehandelt werden dürfen. Tiere, die nicht auf der Liste stehen, sind davon ausgeschlossen. „Das wären 99,9 Prozent aller Reptilien“, sagt Dr. Philipp Wagner, Kurator für Forschung und Artenschutz im Allwetterzoo. „Und es endet nicht mit ihnen. Auch Fische, Vögel und kleine Säugetiere, wie beispielsweise Mäuse, könnten betroffen sein.“

Privathalter*innen sind unersetzlich für Artenschutzarbeit

Viele Arten würden aussterben. Zoos alleine können das riesige Loch, das eine Positivliste in die Artenschutzarbeit reißen würde, nicht wieder füllen. Der Allwetterzoo kooperiert mit mehr als 100 Privathalter*innen, nimmt Tiere an oder gibt sie ab – immer und für beide Seiten unentgeltlich. Dieses funktionierende Netz hat in der Vergangenheit viele Zuchterfolge ermöglicht und besonders Spezialarten vor ihrer Ausrottung bewahrt.

„Die Zhous Scharnierschildkröte ist ein gutes Beispiel, sie wurde in der Natur noch nie gefunden. Die Temperatur während der Bebrütung der Eier scheint ihr Geschlecht zu bestimmen, genau das Herausfinden braucht die Zeit und das Fingerspitzengefühl der Privathalter*innen. Auch den Edwardsfasan oder den Evers Reisfisch gibt es nur noch, weil es Privatpersonen gibt, die Zeit und Wissen in diese Tiere investieren und rein ideell handeln“, sagt Wagner.

Phillina Zuther ist eine von ihnen. Anfang 2022 hat sie zwei Goldkopf-Scharnierschildkröten aus dem Internationalen Zentrum für Schildkrötenschutz (IZS), das es seit 21 Jahren im Allwetterzoo gibt, übernommen. Zoo und Zuther hoffen auf eine Nachzucht, die Art ist offiziell kritisch von der Ausrottung bedroht, aber wahrscheinlich schon in der Natur verschwunden. „Es gibt wenig Informationen über die Goldkopf-Scharnierschildkröte. Der Austausch mit dem Allwetterzoo ist extrem wichtig. Wer Tierarten retten will, kommt an Zoos und ihrer Arbeit nicht vorbei. Die Arten aussterben zu lassen ist keine Option, wir Menschen sind in der Verantwortung Lösungen zu finden“, sagt Zuther.

Trotz der Kritik an der Positivliste begrüßt der Allwetterzoo Münster die Novellierung des Tierschutzgesetzes ausdrücklich. Die geplanten Änderungen bieten die Chance, den Tierschutz in Deutschland weiter zu stärken und das Wohl der Tiere flächendeckend sicherzustellen.