Ein längeres Leben und mehr Erfolg bei der Aufzucht von Jungtieren

Ein junges Bongo im Allwetterzoo Münster.

Die Lebenserwartung und der Erfolg bei der Aufzucht von Jungtieren von in Zoos gehaltenen Raubtieren hat sich in den letzten 70 Jahren über alle untersuchten Familien hinweg deutlich erhöht. So hat sich der Anteil der Tiere, die ein bestimmtes, artspezifisches Alter erreicht haben, bei der Mehrzahl der Arten fast verdoppelt. Dies zeigt eine nun veröffentlichte Auswertung der durch die weltweite Zoogemeinschaft gesammelten und durch die internationale Organisation „Species360“ verwalteten Daten der 95 am häufigsten in Zoos gehaltenen Arten. „Die Ergebnisse unserer Analysen zu den Lebensdaten von weltweit mehr als 160.000 in den letzten sieben Jahrzehnten gehaltenen Raubtieren belegen die Verbesserung des

Haltungserfolges in den Zoos“, erläutert Dr. Marco Roller, Zootierarzt im Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe und einer der Autor*innen der Studie.

„Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Haltung und Pflege unserer Tiere ist selbsterklärtes Ziel der internationalen Zoogemeinschaft“, betont Dr. Dennis Müller, Zoodirektor im Zoologischen Garten Halle und Mitautor. „Unsere Auswertung belegt ganz deutlich, dass wir mit unseren Anstrengungen bei der Erreichung dieses Ziels auf dem richtigen Weg sind.“

Allwetterzoo sieht sich bestätigt

Auch Dr. Carsten Ludwig sieht die Zoos hier auf einem sehr guten Weg. „Ganz so drastisch, wie es eine Studie von 1994 andeutete, ist es dann in der Natur zwar nicht“, sagt der im Allwetterzoo Münster tätige Zootierarzt zu der Behauptung, 95 Prozent aller wildlebenden Geparde würden das erste Lebensjahr nicht erreichen. „Da handelte es sich um ein lokal sehr begrenztes Ereignis in der Serengeti. In Wirklichkeit ist die generelle Überlebenschance bei gut 33 Prozent.“

Die eigentlich positiv stimmende Zahl kommt aber aus einer ganz anderen Studie, in der neben den Daten der wilden auch die der in Zoos gehaltenen Geparde eingeflossen sind. „Eine Langzeitstudie über 30 Jahre hat gezeigt, dass in Zoos geborene Geparde eine doppelt so hohe Überlebenschance haben, wir ihre in der Natur lebenden Verwandten. 66 Prozent erreichen hier das erste Lebensjahr“, so Ludwig, der seine Dissertation über Geparde geschrieben hat. „Die Studie endete 2005. Mit dem Wissen, das wir heute haben, wird die Zahl sicherlich noch einmal höher sein.“

In menschlicher Obhut können die schnellen Katzen bis zu 20 Jahre alt werden. Zum Vergleich, in der Natur werden sie nur durchschnittlich acht Jahre alt. „In vielen Daten zu unserer langjährigen Gepardenhaltung lässt sich gut nachvollziehen, wie wir immer besser in der Haltung werden“, so der Experte des Allwetterzoos, der, wenn es um Geparde geht, einer der führenden Zoos in ganz Europa ist.

Aktuelle Studie

“Zoos sind etwas Besonderes”, sagt Marcus Clauss von der Universität Zürich und einer der Autor*innen. “Menschen halten Hunde, Katzen, Kaninchen oder Goldfische als Haustiere – aber weiß jemand, wie alt die im Durchschnitt werden? Wo kann man nachschauen, wie alt unsere Milchkühe werden? Zoos haben sich vor langer Zeit verpflichtet, die Lebensdaten ihrer Tiere kontinuierlich in einem gemeinsamen Archiv zu sammeln, und das bedeutet, dass sie Langzeit-Trends beobachten können – wie den in unserer Studie. Nur wer dokumentiert, kann schauen, ob er sich verbessert.“

Die Studie erschien nun in der wissenschaftlichen Zeitung „Zoo Biology“ und ist auf deren Homepage unter https://onlinelibrary.wiley.com/journal/10982361 für Interessierte frei zugänglich.