"Ich glaube, das machen wir hier so 300 Mal am Tag", schätzt Carin Fels, während sie - genau! - gerade eine Käfigtür zuschließt. Besser ist das, denn das vergisst man hier sicher nur einmal. Hinter den Türen beginnt das Reich eleganter Schönheiten mit funkelnden Augen und fantastischem Fell. Aber auch mit unerbittlichen Krallen und tödlichen Zähnen: Wir befinden uns im Katzenrevier. Die Revierleiterin betreut hier mit ihrem Kollegen Alexander Dietrich die Löwen, Goldkatzen, Geparde, Amurtiger und Nordpersische Leoparden.
"Obwohl im Katzenrevier die Hunde rein vom Namen eigentlich in der Überzahl sind", scherzt Carin Fels mit Blick auf die rund 200 Nilflughunde, die zusammen mit Degus das Löwenhaus beleben. Außerdem gehören die Wölfe zu den Pfleglingen im Revier 4. So haben die beiden Tierpfleger gleich morgens schon ein Bewegungsprogramm quer durch den Zoo zu absolvieren, gilt es doch täglich, jedes Tier kurz in Augenschein zu nehmen, ob es wohlauf ist.
"Als Vegetarier brauchen die schon früh Nachschub", erklärt Carin Fels. Vor dem Aufhängen des appetitlich anzusehenden Obst- und Gemüsepotpourris an Hanfseilen, muss Unappetitliches beseitigt werden: Am Boden schwappt eine Mischung aus Obstbrei und Verdautem, die Scheibe hat ebenfalls ihren Teil abbekommen. In der Zwischenzeit bewegen sich auch die Löwen "Jarah" und "Zeta" mit ihrem Nachwuchs Richtung Außenanlage. Oder auch nicht, denn unser Besuch hinter den Kulissen fiel in die Winterzeit. Da rümpfen auch Katzen die Nasen, wenn sie Schmuddelwetter riechen. "Zur Not muss man mit Wasser drohen", schmunzelt Carin Fels, "und das reicht meist schon."
Die Innenkäfige des Reviers 4 stehen allesamt auf dem Vormittagsplan. Holen Alexander Dietrich und Carin Fels die Tiere nachmittags zum Füttern wieder herein, reinigen sie in der Zeit die Außenanlagen.
Das Gehege der Grauwölfe bedarf zwar nur einmal in der Woche einer Reinigung, aber das geht dann nur zu zweit. "Weil wir uns zwischen die Tiere begeben, brauchen wir sozusagen vorne und hinten Augen". So erklärt Carin Fels, warum sie nur Rücken an Rücken mit ihrem Kollegen die Anlage säubert.
Carin Fels ist auf dem Weg zum Futterhof. Heute gibt es Huhn für alle. Für ihre Tiere lassen sich die Pfleger allerhand Abwechslung einfallen. Wer Carin Fels oder Alexander Dietrich mit einem Gewürzstreuer durch eine der Raubtier-Anlagen laufen sieht, sollte sich nicht wundern: Ein aufregender neuer Geruch hält die Sinne wach und sorgt für Beschäftigung. Ebenso wie Säcke, in denen es interessant riecht, oder auf der Anlage verstecktes Futter. Bei ganzen Beutetieren gilt es dann, sich das Genießbare herauszuarbeiten und vorsichtig um Magen und Darm herum zu fressen.
Während die Hühner schon aufgetaut sind, hängen in der Kühlkammer für die nächsten Tage ein Stück Rind und Pferd bereit. "Abwechslung beim Fleisch ist wichtig", sagt Carin Fels, "sowohl aus ernährungsphysiologischen Gründen als auch wegen des Geschmacks." Portionenschneiden gehört ebenso zu den Aufgaben der Pfleger wie das Einpudern reinen Muskelfleisches mit Kalziumpulver als Nahrungsergänzung. Zurück im Löwenhaus. Alle Käfigtüren abgeschlossen? Dann Schieber auf und Tiere rein. Weil Papa Löwe sein Mahl für sich haben will, bekommt er es separat serviert. Ließe man das Rudel zusammen fressen, käme es zu Auseinandersetzungen. Was in der freien Natur normal ist, wäre im begrenzten Raum gefährlich, weil sich die Tiere nicht ausweichen können.
"Jarah" kaut missmutig. Er mag Huhn nicht besonders und bedenkt seine Pflegerin mit wütenden Blicken und Geknurre. Auch Goldkatze "Lao" benimmt sich rüpelhaft. "Er hat mir mal die Futterschaufel aus der Hand geschlagen. Deshalb haben wir diese Schublade eingebaut, aus der er sein Futter bekommt", erklärt Carin Fels, während "Lao" ungeduldig wartet. Sanftmütig zeigt sich dagegen Partnerin "Vung Tau". Das Weibchen nähert sich beinahe zaghaft und nimmt das Huhn entgegen. Hinter Schutzwänden offenbart sich ein großes, nicht einsehbares Gehege. "Wir wollen mit den Goldkatzen züchten und ermöglichen ihnen so die nötige Ruhe", lautet die Erklärung. Auf den Schutzwänden findet man übrigens ausführliche Informationen über die Bedrohung der seltenen Asiatischen Goldkatzen.
Wenig später gleitet auch der Amurtiger "Nely" sowie die Nordpersischen Leoparden "Jahrom" und "Sharjah" geschmeidig in die Innenanlagen, als sich die Schieber öffnen. Während kurz darauf Schmatzen und Knacken ertönt, steht Carin Fels schon längst auf den Außenanlagen, sammelt Hinterlassenschaften ein und putzt die Scheiben. In der Revierküche steht ein komischer kleiner Käfig. Für welche Tiere ist denn der? Die Reviertierpflegerin muss lachen: "Der ist gegen Tiere! Gegen die Fliegen nämlich, die im Sommer das Fleisch ruckzuck in einen Madenschmaus verwandeln würden." Der letzte Blick vor Feierabend gilt noch einmal den Geparden, die natürlich längst versorgt worden sind.
Dafür bedenkt Gepardenmann "Jabari" Carin Fels mit einem seelenvollen Blick, als sie noch einmal in den sogenannten "Kral" geht. Der verbirgt sich hinter einem Staketenzaun, der die drei Gepardenhäuser kreisförmig miteinander verbindet. Dann geht es zum letzten Abschließen ins Löwenhaus. Diesmal sind es die Besucher, die vorher hinaus müssen. Feierabend für heute!