Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort. Aber sicher ist, dass Tiere im Zoo viel Zeit haben. Zeit, die sie im Freileben für die Nahrungssuche verwenden müssen. Im Zoo entfällt die Suche; denn hier gibt es je nach Tiergeschmack immer das passende Futter. Das „Schlaraffenland“ birgt jedoch den Nachteil, dass intelligente Tiere wie Schimpansen oder Elefanten zu wenig gefordert werden. Selbst Löwen, die den Großteil des Tages verdösen, brauchen Abwechslung.
Deshalb sind Programme zur Beschäftigung ein wesentliches Element fortschrittlicher Zootierhaltung. Der Fachbegriff hierfür ist „Behavioural Enrichment“, das bedeutet „Bereicherung des Lebensraums“. Dieses Ziel - den Tieren einen abwechslungsreichen Lebensraum zu bieten - verfolgen alle großen Zoos. So veranstaltet der Berufsverband der Zootierpfleger regelmäßig Seminare und Workshops zum Thema Beschäftigung von Zootieren.
Die Internationale „Conference on Environmental Enrichment“ findet jährlich statt. Hierbei geht es um alle Aspekte, die ein Zoogehege zum Lebensraum für seine Bewohner machen. Dazu zählen:
Sozialkontakte
Die Ansprüche an soziale Kontakte sind je nach Art unterschiedlich. Viele Arten leben im Familienverband, andere brauchen einen Harem, eine Herde oder ein Rudel. Einige Tiere leben stets allein, brauchen aber in der Paarungszeit einen Partner. Für manche Arten kann auch das Zusammenleben mit artfremden Tieren eine Bereicherung sein.
Körperliche Betätigung
Nicht allein die Größe einer Tieranlage ist für das körperliche Wohlbefinden der Zootiere entscheidend, sondern deren Ausstattung: Tiger brauchen Kratzstämme, Orang-Utans stabile Kletterbäume, Erdmännchen viel Sand zum Buddeln. Zudem gibt es für manche Arten spezielle Trainingsprogramme.
Sinnesreize
Jeder weiß, wie stark Hunde auf Gerüche reagieren. Auch viele Zootiere sprechen auf ungewohnte Geruchserlebnisse an. Deshalb regen wir die Sinne unserer Bären beispielsweise durch das Legen von Duftspuren an. Oder wir geben Raubkatzen Säcke, die mit Kot oder Gewürzen präpariert sind.
Beschäftigung
Nicht alle Zootiere müssen beschäftigt werden. Vielen reicht das Miteinander im Familienverband oder in der Herde. Doch es gibt auch Tiere, die mit immer wieder anderen Dingen herausgefordert werden wollen. So beschäftigen wir beispielsweise unsere Menschenaffen mit wechselndem „Spielzeug“ ebenso wie über das Futter.
Elefanten sind in Asien bis zu 20 Stunden täglich auf den Beinen, um satt zu werden. Im Zoo entfällt die Suche nach Futter. Deshalb füttern wir mehrmals am Tag, teilweise so, dass die Tiere sich lange mit der angebotenen Nahrung beschäftigen können. Dicke Äste mit Laub und Rinde sind ein Beispiel hierfür. Auch die zweimal täglich stattfindende Fütterung der Elefanten durch Besucher gehört zum Beschäftigungsprogramm.
Darüber hinaus trainieren die Pfleger möglichst täglich mit den Elefanten. Zum sogenannten „Appell“ gehören auch Übungen, die die notwendige Körper- und Fußpflege erleichtern. Auf den Befehl „lift“ hebt der Elefant ein Bein. Und sollen die Zähne eines Dickhäuters kontrolliert werden, hebt er auf den Befehl „sali“ den Rüssel über den Kopf und öffnet sein Maul.
Ein tägliches Training gibt es auch bei den Kegelrobben. Die Robben springen aus dem Wasser, klettern Stufen empor oder wälzen sich nach Aufforderung auf den Rücken. Zur Belohnung gibt’s einen Fisch. Das Training macht den Tieren offensichtlich Spaß und fördert ihre Beweglichkeit.
Und dazu hat es, wie bei den Elefanten, einen Nebeneffekt: Eine Robbe, die es gelernt hat, sich still hinzulegen und berühren zu lassen, lässt sich ohne Stress auch vom Zootierarzt abtasten, ins Maul schauen oder sogar Blut für Untersuchungen abnehmen.
Futter ist vor allem bei den Menschenaffen eine gute Beschäftigungsmethode. Sie müssen sich manchmal richtig anstrengen, um an leckeres Futter zu gelangen. Mal verstecken die Pfleger Sonnenblumenkerne im Stroh, mal in Labyrinth-Holzkisten. Sie füllen Quark in Gartenschlauchstücke und Brei in Kanister. Oder sie stopfen Rosinen in so genannte „Futterhölzchen“. Das sind Abschnitte von dickeren Ästen, in die viele Löcher gebohrt wurden.
Um an das versteckte Futter zu gelangen, setzen die Affen Zeit und Geschicklichkeit ein. Dass sie hierbei den Menschen weit überlegen sind, können die Besucher testen: Vor der Innenanlage der Gorillas steht eine „Fummelkiste“, die morgens von den Pflegern mit Bonbons gefüllt wird. Probieren Sie sie doch einmal aus! Im Gegensatz zu den Gorillas müssen die Menschen sich keinen Zweig suchen, ein Metallstab zum Fummeln hängt an der Kiste. Viel Erfolg!
Doch nicht nur Elefanten und Menschenaffen werden mit der Futtersuche beschäftigt. So hängt im Gehege der Kapuzineraffen ein spiralförmiges Holzrad, das mit Mehlwürmern gefüllt wird. Die Affen sind findig genug, um an die Leckerbissen zu gelangen. Den Löwen werden die Fleischstücke manchmal in Jutesäcken serviert, die hoch oben im Gehege aufgehängt werden. Das Fleisch für die Geparde verstecken die Pfleger in den Bäumen der Anlage.
Syrische Braunbären oder Tiger freuen sich im Sommer über „Eisbomben“, das sind in Wassereimern eingefrorene Leckereien. Um an diese zu gelangen, sind die Tiere eine Weile beschäftigt! Für die Malaienbären befestigen die Tierpfleger hin und wieder Kanister mit Obst in einem Baum. Oder sie rollen Mehlwürmer in einen Jutesack ein, binden die Enden zu – und die Malaienbären müssen fummeln…
Gerüche sind ebenfalls eine gute Methode, Zootieren ungewohnte Reize und damit eine besondere Beschäftigung zu bieten. So füllen die Tierpfleger Jutesäcke mit Kot von Zebras oder Kamelen und legen sie in die Anlage der Tiger. Die großen Katzen rollen sich mit Begeisterung auf den „duftenden“ Säcken, bis sie diese schließlich zerfetzen. Löwen lieben Curry und andere Gewürze, die extra für sie mit Stroh oder Heu vermengt in Säcke gefüllt werden.
Auch die Malaienbären werden mit Gewürzen oder ätherischen Ölen beschäftigt. Die Tierpfleger legen Geruchsspuren kreuz und quer im Gehege, indem sie die Düfte mit einer Wasserpistole versprühen. Neugierig folgen die Bären der Spur, um herauszufinden, woher der fremde Geruch stammt – und werden oftmals am Ende mit einer Leckerei belohnt.
Aus diesem Grund gibt es einige „Wohngemeinschaften“ im Allwetterzoo. Ungewöhnlich erscheint das Zusammenleben von Gorillas und Rotscheitelmangaben, doch es funktioniert bestens. Die sehr viel kleineren Mangaben lassen sich von den Riesen unter den Menschenaffen nämlich nichts gefallen! Und sie animieren nicht nur den jungen Gorilla „Thabo“, sondern auch dessen Vater „N’Kwango“ zum Toben und Spielen. Ähnlich geht es in der ZoORANGerie zu.
Hier sind asiatische Zwergotter die „Untermieter“ unserer Orang-Utans. Sie wuseln über den Gehegeboden, schwimmen und spielen miteinander – und bieten so den behäbigen Orang-Utans in gewisser Weise Unterhaltung. Auch enge soziale Kontakte können sich zwischen artfremden Tieren entwickeln. So wurden Mangaben und Gorillas ebenso wie Goldene Löwenäffchen und Zwergseidenäffchen beim „Grooming“, also der gegenseitigen Fellpflege beobachtet.
Selbst Vögel werden beschäftigt. Ein gutes Beispiel sind die Keas. Die neuseeländischen Papageien spielen gern und sind überaus neugierig. Ihr Futter verpacken die Pfleger deshalb oft in Kisten, Kartons oder Säcke. Und die Papageien reißen die Verpackung mit ihren langen kräftigen Schnäbeln auf. Sie wissen, dass am Ende eine Leckerei auf sie wartet. Den Keas werden auch unterschiedliche Gegenstände zum Spielen angeboten. Sie mögen Fahrradreifen, Fußbälle, Gummistiefel oder alte Besen.
Spielzeug gibt es aber auch für andere Tiere. So haben die Syrischen Braunbären eine Schaukel und die Nashörner spielen mit großen Bällen.. Dass sogar Fische mit „Spielzeug“ beschäftigt werden, ist wohl am ungewöhnlichsten. Bei uns sind es tropische Drückerfische, die mit Vorliebe abgestorbene Korallenstückchen auseinander knacken. Mehr Infos zu unseren Wohngemeinschaften.