Artenschutzzentrum des Allwetterzoos gelingt die seltene Nachzucht eines Weissschulteribis
Der Weißschulteribis (Pseudibis davisoni) gehört zu den am meisten bedrohten Vogelarten der Welt. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN stuft ihn als kritisch vom Aussterben bedroht ein. Die so genannte Edge-List führt ihn sogar als Nummer 16 der am stärksten bedrohten Vögel weltweit. Die globale Population wird auf unter 700 erwachsene Individuen geschätzt – Tendenz stark sinkend.
Und jetzt gab es einen großen Erfolg, denn das erste Küken ist geschlüpft. „Ganz sicher können wir es nicht nachverfolgen, aber es kann sehr gut sein, dass uns die Welterstnachzucht gelungen ist. Lediglich in Thailand hat es vielleicht schon einmal Nachzuchten gegeben“, so Dr. Philipp Wagner, Kurator für Artenschutz & Forschung am Allwetterzoo in Münster. „Viel wichtiger als eine mögliche Weltpremiere ist dabei aber die Gewissheit, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Vor allem weil noch zwei weitere Weibchen brüten.“
Eine besondere Zuchtgruppe
Das Hauptvorkommen dieser Tiere liegt in Kambodscha und steht damit im Fokus des Angkor Centre for Conservation of Biodiversity, kurz ACCB. „Das ACCB ist unser Artenschutzzentrum in Kambodscha“, erklärt der Kurator. „Und unter anderem dort setzen wir unsere Hauptaufgabe um - Artenschutz.“
Als Artenschutzzentrum hält das ACCB rund 1000 Tiere. Über 90 % der gehaltenen Arten sind bedroht, viele von der IUCN als kritisch bedroht eingestuft. Darunter auch eine Zuchtgruppe Weißschulteribisse – die einzige in menschlicher Obhut. „Der Weißschulteribis gehört schon seit Jahren zu den Tieren, die wir besonders im Fokus haben. Das ACCB beteiligt sich am Monitoring dieser Art und hat eine eigene Zuchtgruppe aufgebaut“, erklärt Wagner.
Bedrohungen nehmen immer stärker zu
Alle Tiere der Gruppe stammen aus illegalen Haltungen oder wurden verletzt aufgefunden. Um Informationen über die Haltung zu sammeln, mit dem Ziel die Art zu züchten, wurden die Tiere nicht wieder ausgewildert, sondern verblieben im ACCB. „Da man nichts über die Haltung und die Zucht wusste, war das für das Team absolutes Neuland. So wussten wir zum Beispiel nicht, ob die Tiere in Kolonien oder einzeln brüten. Aus diesem Grund haben wir ein spezielles Gehege gebaut, in dem beides möglich ist. Und da wir unsicher waren, ob das Gehege gut angenommen wird, haben wir das Verhalten der Vögel im Gehege durch einen Wissenschaftler beobachten und bewerten lassen. Die hier gewonnen Erkenntnisse fließen dann auch in unsere Artenschutzbemühungen ein“, führt Wagner weiter aus.
Ziel des ACCB war es immer einen gesunden Bestand in der Haltung aufzubauen, um damit die Populationen in Kambodscha zu stützen. Denn hier nehmen die Bedrohungen immer stärker zu. Die Lebensräume des Weißschulteribis werden zu Reisfeldern, er wird aktiv bejagt und die zunehmende Trockenheit machen ihm zusätzlich zu schaffen. „Die Zucht ist also nur ein Baustein zum Erhalt der Art. Wir kommen um den Schutz des Lebensraumes nicht herum. Ein gutes Beispiel hierfür ist das "Ibis Rice Projekts'", bei dem die Bauern sich verpflichten den Reis Ibis-freundlich anzubauen und nicht mehr jagen zu gehen. Dafür bekommen sie für ihre Produkte einen höheren Preis“, erklärt Wagner. In Deutschland wird der Ibis-freundliche „Davert Jasmin Reis“ von der Firma Midsona Deutschland GmbH.
Angkor Centre for Conservation of Biodiversity
Das Angkor Centre for Conservation of Biodiversity (ACCB) in Kambodscha ist ein Artenschutzzentren des Allwetterzoo Münster. Der Fokus des Zentrums liegt auf der Haltung und Zucht kritisch bedrohter Arten, vorwiegend Vögel und Schildkröten. Dabei konnte immer wieder ein immenser Erfolg für den Artenschutz verbucht werden. Zuletzt ist hier die Nachzucht des Weißschulteribis zu nennen. Denn das erste Küken des Weißschulteribisses im ACCB gibt Hoffnung, diese Art in der Haltung zu etablieren und zum Erhalt des Weißschulteribisses beizutragen.