Die Gorillabrüder Demba und Thabo aus Münster sind umgezogen

Den gesamten Flug über waren die Zootierpfleger aus Münster an der Seite von Thabo und Demba.

Wenn wir Menschen umziehen, dann ist das häufig mit Aufwand und Bürokratie verbunden. „Wenn zwei Wildtiere von einem Zoo in den anderen ziehen, dann potenziert sich der Aufwand allerdings. Das gilt insbesondere dann, wenn einer der Zoos nicht in der EU liegt“, blick die Kuratorin des Allwetterzoo Münster, Miriam Göbel, zurück. „Aber unter Coronabedingungen einen Gorillatransport nach Indien zu planen, das ist nochmal etwas völlig anderes.“

Es hat viele Monate gebraucht, bis der Tag X endlich anstand. Die anhaltende Corona-Situation hatte dafür gesorgt, dass die Reise von Thabo und Demba immer wieder verschoben werden musste. Ein Ärgernis, nicht nur weil der ältere der beiden Brüder mitten in der Pubertät steckt, und sich von einem Schwarz- in

einen Silberrücken weiterentwickelt. „Wir waren echt froh, als wir endlich fliegen durften“, erinnert sich Zootierpflegerin Lea Jana. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Peter Bein begleitete sie die beiden Gorillas bei ihrer Reise.

„Am Anfang lief alles richtig gut. Die Jungs waren zufrieden und ruhig in ihren Transportboxen. Das änderte sich auch nicht, als wir am Flughafen in Brüssel angekommen waren“, fast die Zootierpflegerin die erste Etappe zusammen. Und auch beim Verladen in das Transportflugzeug habe es keine Probleme gegeben. Die Logistiker hätten dafür gesorgt, dass die Tiertransportkisten direkt neben der Tür zur Crew und ihrer zwei Gäste gestanden habe. „Wir konnten uns so den gesamten Flug über sehr gut um beide kümmern“, ist Peter Bein zufrieden. Und auch bei der Zwischenlandung in Doha, Katar, wurden Tiere und Pfleger nicht getrennt. Im Gegenteil. Während Ladung gelöscht und anschließen neu zugeladen wurde, durften alle vier an Board bleiben. „Bis hier hin war es eine anstrengende, aber ruhige und gut organisierte Reise – ohne nennenswerte Vorkommnisse. Doch dann landeten wir in Indien“, so Jana.

Willkommen in Indien

In Indien gelandet, wurden Tiere und Zootierpfleger erstmals getrennt. „Wir mussten durch den Zoll. Dabei haben sie uns alles abgenommen, was wir dabeihatten. Medikamente, Futter, Wasser, Spielzeug oder auch die Klicker fürs Training. Alles weg! Und das, obwohl wir im Vorfeld alles ordnungsgemäß angemeldet hatten“, fast Peter Bein die Ankunft in dem subtropischen Land zusammen. Dabei seien gerade die Klicker für die Interaktionen mit den Gorillas sehr wichtig.

Um Sprachbarrieren zu umschiffen, kommunizieren Zootierpfleger und Gorillas mittels einzelner Befehle, Zeichen und Gebärden sowie über die Klicker. Das sind kleine akustische „Dinger“, die genau das machen, wofür sie namentlich stehen – sie machen Klickgeräusche. Je nach Anzahl und Intensität, kombiniert mit Gesten oder Schlagworten, wissen die Tiere dann, was die Pfleger von ihnen wollen. „Training und Vertrauen, das sind zwei immens wichtige Säulen im täglichen Umgang mit Wildtieren, die sich gegenseitig bedingen. Das ist ein Prozess, der Zeit benötigt“, so die beiden Zootierpfleger.

In Indien angekommen, und vom Zoll um diverse Utensilien gebracht, wartete draußen im Cargobereich die nächste unschöne Überraschung. „Unsere Gorillas waren fertig verladen auf einem Lkw. Um das Fahrzeug eine große Menschentraube. Alle wollten einen Blick auf unsere Tiere erhaschen“, erinnert sich Jana. „Wie Lea dann die Herren auseinander und weg von den Gorillas getrieben hat, das war schon ein spannendes Bild“, ergänzt ein schmunzelnder Peter Bein. „Aber zu unserer Entschuldigung: Wir waren schon über 24 Stunden unterwegs – ohne Pause.“

Nicht nur Thabo und Demba sind wie die Könige in Empfang genommen worden. Auch beiden Zootierpfleger aus dem Allwetterzoo Münster wurden sehr herzlich empfangen.

Die letzten "Meter" waren die schwersten

Die folgende Fahrt zur Zieldestination war dann auch nicht weniger anspruchsvoll. So brauchte das Team des Allwetterzoo, das mittlerweile von Kollegen aus Indien unterstützt wurde, für die restlichen 146 Kilometer ihrer Reise mehrere Stunden. „Zum Glück hatten unsere Kollegen Wasser und Futter für die Jungs mit. Unsere Sachen waren ja alle beschlagnahmt worden.“

Nach rund fünf Stunden war dann alles vorbei und die vier aus Deutschland Kommenden erreichten nach rund 24 Stunden ihr Ziel: Mysore Zoo. Der in Südindien gelegene Zoo ist seitdem die neue Heimat von Demba und Thabo. Und auch wenn die Trennung schmerzte, überwog am Ende bei beiden Münsteraner Tierpflegern die Freude über das, wie es für die weitergeht. „Hier ist alles neu, groß und tiergerecht geplant. Es gibt Naturbäume, in die die Tiere klettern können, sie haben Rückzugsräume vor und hinter den Kulissen und das Futter – Kräuter wie Gemüse. Ein Traum, welche Ressourcen dem Team, auch dank des subtropischen Klimas, vor Ort zur Verfügung stehen“, ist nicht nur Lea Jana begeistert.

Thabo, geboren am 23. November 2007 in Münster, wie er seinen Bruder Demba, geboren am 13. Januar 2013 in Münster, trägt.

Vater N'Kwango und ein junger Thabo auf der Außenanlage des Allwetterzoo Münster.

Mutter Changa mit dem jungen Demba auf der Außenanlage vom Allwetterzoo Münster.

Thabo, mittlerweile ein stattlicher Silberrücken, und sein Bruder Demba bei ihrem ersten Ausflug auf die Außanlage von Mysore Zoo.

Ein Wiedersehen ist fest eingeplant

Die folgenden Tage waren dadurch geprägt, dass das Münsteraner Team seine indischen Kollegen angeleitet und ihnen die Charaktere von Demba und Thabo nähergebracht haben. Auch wurde gemeinsam mit den Tieren trainiert. „Die beiden Gorillas sind derzeit die beiden einzigen offiziell bekannten und registrierten Vertreter ihrer Spezies – in ganz Indien“, so Bein. Es sei daher nicht nur für die Gorillas wichtig gewesen zu erfahren, dass ihre Vertrauenspersonen respektvoll mit den „Neuen“ zusammenarbeiten. Es sei auch genauso wichtig gewesen, das Praxiswissen der indischen Kollegen wieder aufzufrischen. Dabei alles geschah strikt von den Besuchern getrennt, hinter den Kulissen des Zoos. Die Tiere sollten, nicht nur bedingt durch die staatliche Corona-Quarantäne, sich langsam an die neue Situation gewöhnen. Wobei: „Das ging dann doch sehr schnell. Die beiden haben sich in kürzester Zeit hervorragend eingelebt“, ist Peter Bein zufrieden.

Zehn Tage waren die Münsteraner Zootierpfleger in Indien. Dabei haben sie sich aber nicht nur mit den Kollegen ausgetauscht oder über sie gestaunt: „Die haben dann einfach mal mit 20 Personen und Barfuß die Tiertransportboxen vom LKW gehoben.“ Während ihres Aufenthaltes durften sie auch an zwei Safaris teilnehmen, den Zoo vor und hinter den Kulissen erkunden und wurden von den Verantwortlichen zum Essen eingeladen. „Es war eine wundervolle Zeit. Wir sind beide mit einem sehr guten Gewissen abgereist“, sagte Lea Jana und ergänzt: „Im Frühjahr werde ich privat in der Region sein. Dann werde ich auf jeden Fall auch einmal in den Zoo gehen, um Demba und Thabo wieder besuchen.“

Das erste Mal

Das Video zeigt, wie Demba und Thabo zum ersten Mal ihre neue Außenanlage in Mysore Zoo, Indien, betreten.

Mysore Zoo, offiziell: Sri Chamarajendra Zoological Gardens, ist ein Zoo in der Nähe des Palasts von Mysuru (Mysore) in Südindien. Auf rund 99 ha beherbergt er etwa 1100 Tiere in etwa 160 Arten.

Er wurde 1892 von Maharaja Jayachamaraja Wodeyar gegründet und 1909 seinem Gründer zu Ehren in Sri Chamarajendra Zoological Gardens umbenannt. Bei der Planung der Anlage wurde unter anderen der deutsche Botaniker und Gartenarchitekt Gustav Hermann Krumbiegel zu Rate gezogen. Die ursprüngliche Fläche von 4,4 Hektar wurde in mehreren Schritten auf heute 32,5 Hektar erweitert. Dazu kommt der Karanji-See mit 31,1 Hektar. Der Zoo wurde 1902 für die Öffentlichkeit geöffnet, 1948 dem Department of Parks and Gardens of the Mysore State Government, 1972 dem Forest Department und 1979 der Zoo Authority of Karnataka übergeben.