Berühmter und beliebter
Pinguin Sandy ist gestorben

Peter Vollbracht und Sandy.

Sandy. Dieser Name steht nicht nur im Allwetterzoo Münster für sehr viel mehr als „nur“ einen Brillenpinguin. Sandy war etwas ganz Besonderes. Nicht ohne Grund sind Sie und ihr unverwechselbares Punktemuster in der Bronzeskulptur in der direkten Nähe zu den Pinguinen verewigt worden. Fast von Anfang an dabei: Peter Vollbracht Tierpfleger und „ihr erster Partner“. Er erinnert sich an ein sehr bewegtes Leben:

„Sandy ist mit vor 25 Jahren aus dem Tiergarten Nürnberg zu uns nach Münster gekommen. Mit ihren rund 9 Monaten hatte sie noch nicht einmal ihr für Brillenpinguine typisches Federkleid. Und doch, sie war von Anfang an anders als all die andere Pinguine. Sie war deutlich interessierter an ihrem Umfeld, der

Welt jenseits ihrer Artgenossen – und sie war frühreif. So hatte sie sich bereits vor der Geschlechtsreife einen Partner ausgesucht: Mich! Und das, obwohl sie keine Handaufzucht oder sonst besonders auf Menschen geprägt worden war.

1996 war das Jahr, in dem die gemeinsame Reise von mir und Sandy begann, oder vielmehr Partnerschaft, die bis zum Ende hielt, wenn auch die Bindung gerade in den vergangenen Jahren immer loser wurde. Sandy war, sofern ich eine Vermenschlichung bemühen möchte, freundlich, aufgeschlossen und neugierig. Anders als ihre Artgenossen, konnte ich sie sogar problemlos auf den Arm nehmen, sie von dritten streicheln lassen oder auch bei ihrem Namen rufen. Egal wie groß das Stimmengewirr auch war, mich hörte sie stets heraus – und kam auch zu mir.

Sandy bei "Frag doch mal die Maus"

Sandy beim Neujahrskonzert 2012

Dadurch, dass Sandy so neugierig und umgänglich war, wurde sie schnell auch zum Liebling der Medien. Gemeinsam besuchten wir unter anderem die WDR-Sendungen „Frag doch mal die Maus“, waren zu Gast in Talk-Shows von Harald Schmidt, Stefan Raab, Johannes B. Kerner oder Günter Jauch. Zudem waren wir auch schon auf Bühnen, u.a. im Stadttheater Münster bei einem Kinder-Konzert, bei Neujahrsempfängen und Sandy war Gast beim ARD-Fernsehgottesdienst in einer Kirche in Münster. Im Fernsehfilm Zoogeflüster – Komm mir nicht ins Gehege! „verkörperte“ Sandy den Pinguin „Schulze“. In der Folge des Münsteraner Tatorts Schlangengrube mit dem Ermittlerduo Thiel und Boerne hatte sie eine „Nebenrolle“. Der Höhepunkt ihrer Bekanntheit war aber im Herbst 2004. Da hatten Hörer von WDR 2 sie zum Lieblings-Zootier in NRW gewählt.

Weltoffen und neugierig

Kritische Menschen haben mich immer wieder gefragt, ob Sandy öffentliche "Auftritte" überhaupt zuzumuten seien. Hierzu konnte ich immer reinen Gewissens sagen: Ja. Klar, es spielte den Interessen des Allwetterzoo Münster stets in die Karten, dass Sandy bei mir so anhänglich war. Aber wir haben sie nie zu irgendetwas gezwungen. Es war ihr Charakter, ihr ausgeprägter Entdeckerdrang sowie ihrer Neugierde, die wir mit den ganzen Aktionen lediglich befriedigten. Selbst bei Dingen wie dem Pinguinmarsch war es immer sie, die sich mehr für die Besucher links und rechts des Weges begeisterte als für ihre mitwatschelnden Pinguine.

Ganz wichtig ist mir noch einmal zu betonen, dass Sandy nicht dressiert war. Sie wurde wie alle Küken von ihren Eltern aufgezogen. In jedem Fall konnte sie sich frei bewegen und erkundete stets aus eigenem Antrieb ihre Umgebung. Nicht nur aus diesem Grund haben wir im Allwetterzoo Münster "Sandy" immer als Botschafterin aller Zootiere gesehen, sondern als Botschafterin für Natur- und Artenschutz im generellen.

Sandy, die neugierige Botschafterin

Wegen ihrer Offenheit konnte ich mit ihr auch in Schulen oder Altenheimen sein. Auf diese Weise haben zahllose Kinder und Erwachsene das faszinierende Erlebnis genossen, über das glatte Federkleid eines Pinguins zu streicheln, was insbesondere für Menschen mit einer Sehbehinderung ein einmaliges Erlebnis war. Sandy ließ sie sogar ihren Schnabel erfühlen, ohne zuzupacken.  Gerade für Kinder kann eine solche Begegnung sehr wertvoll sein. Dieses Erlebnis konnte in der Form nur Sandy fremden Menschen geben. Denn normalerweise versuchen Pinguine alles mit ihrem Schnabel zu hacken, was sie erreichen können. Gerade bei Kindern könnte sowas sehr schnell nicht nur sprichwörtlich ins Auge gehen.

Ein besonderes Erlebnis in diesem Zusammenhang ist, dass wir mit Sandy einmal krebskranke Kinder im Universitätsklinikum besucht haben. Da das Tier nicht auf die Station durfte, haben wir stattdessen bei Schneetreiben auf dem Vorplatz gestanden. Hier durften die jungen Patienten dann einmal Sandy kennenlernen. Einige von ihnen mussten sogar im Bett auf den Platz geschoben worden, so sehr hatten sie sich auf den tierischen Besuch gefreut.

Peter Vollbracht und Sandy

Sandy (Vordergrund) und Tom

Sandy (oben) und Hermann

Sandy als Skulptur

Und dann kam "Tom"

Bei den Dreharbeiten zur 2. Staffel „Pinguin, Löwe & Co“ habe ich mir dann bei den Dreharbeiten einen Bänderriss zugezogen. Damit war ich für eine längere Zeit ausgefallen – auch in der Zeit der Balz. Nun muss man wissen, dass Brillenpinguine an und für sich monogam sind. Wenn aber zur Paarungszeit der Partner nicht da ist, siegt die Natur, die einen Arterhalt anstrebt. So kam es, dass sich Sandy mit Tom einen neuen Partner, diesmal einen Brillenpinguin, gesucht hat. Mit ihm hatte sie auch ihren ersten Nachwuchs. Allerdings verstarb Tom noch während der Aufzucht. Da nur ein Tier nicht in der Lage ist, die Brut aufzuziehen, mussten wir Sandy ihren Nachwuchs nehmen und ihn von anderen Pinguinen bei uns aufziehen lassen. Nachdem Tom 2009 starb, fand Sandy in Hermann einen neuen Pinguinmann. Auch er war etwas Besonderes, erreichte er mit 40 Jahren doch ein für Pinguine sehr hohes Alter.

Mit Sandy ist nicht nur ein Tier, sondern ein ganz besonderer Part in meinem Leben gegangen. Die Befunde der Pathologie, die die Entscheidung von Tierpflegern und Ärzten eindeutig für das einzig richtige in diesem Fall belegen, helfen da leider auch nur bedingt. Ich bin mir sicher, nicht nur das Team des Allwetterzoo Münster wird Sandy vermissen, aber niemals vergessen.“

Botschafterin
einer stark
gefährdeten Art

Sandy im Frühjahr 2021

Sandy wurde 25 Jahre alt. Sie litt in den vergangenen Jahren vermehrt an Arthrose und konnte sich immer schlechter bewegen. In der Natur wäre Sie mit diesen körperlichen Einschränkungen nicht annähernd so alt geworden. In der Natur nehmen die Bestände von Brillenpinguinen rasch ab und die Art gilt seit 2012, letztmals überprüft 2021, als stark gefährdet (Rote Liste: ENDANGERED). Damit gehören sie, wie auch ihre Verwandten, zu den Leidtragenden von Klimawandel, kommerzielle Fischerei und Meeresverschmutzung.

Mehr zu Pinguinen im Allwetterzoo Münster bekommst Du hier:

Welt-Pinguin-Tag

 

Unsere Sandy ist unsterblich. Dafür sorgen nicht nur die vielen TV-Geschichten und Beiträge über sie. Es gibt von Sandy auch eine Plüschnachbildung – eigens nach den Vorgaben und Fotos aus dem Allwetterzoo Münster gestaltet. Ein kleines Label trägt zudem ihren Namen, sowie das Logo vom Allwetterzoo Münster. Damit sind Verwechslungen ausgeschlossen. Aber dieser einmalige kuschelige Brillenpinguin bringt nicht nur Kinderaugen zum Leuchten. Denn von jedem verkauften Pinguin gehen 5 Euro an SANCCOB, Southern African Foundation for the Conservation of Coastal Birds, „Südafrikanische Stiftung zur Bewahrung der Vogelwelt in der Küstenzone“. Damit halten wir den Geist der Brillenpinguindame Sandy am Leben. Denn wenn sie uns eines gezeigt hat, dann, dass jeder neugierig und respektvoll mit seiner Umwelt umgehen soll.

 

Hier geht's zur Plüsch Sandy

Sandy begrüßt ihren Mann Hermann