Gemeinsam für den Schutz der letzten Persischen Leoparden

Leoparden-Kater Jahrom im Allwetterzoo Münster.

„Gemeinsam mit dem WWF und dem »Team Leopard Münster« wollen wir dafür sorgen, dass mehr Menschen erfahren, wie es um diese besondere Katzenart, ihren Lebensraum und ihre Überlebenschancen bestellt ist – und was jeder einzelne von uns tun kann, damit nachfolgende Generationen den Persischen Leopard nicht nur aus alten Magazinen und Videos kennen“, sagt Sebastian Rohling vom Allwetterzoo Münster. Dafür sind sowohl in- als auch Ex-situ Maßnahmen erforderlich. Im Naturschutz sind Ex-situ-Maßnahmen zur Erhaltung der Artenvielfalt solche, die außerhalb des eigentlichen Lebensraums einer Art stattfinden, beispielsweise in einem Zoo oder in Genbanken. In-situ-Maßnahmen finden im

natürlichen Lebensraum statt, beispielsweise das Ausweisen von Schutzgebieten.

Klares Ziel und Pflicht ist es, den Bestand der Persischen Leoparden in zoologischen Gärten durch gezielte Zucht zu erhalten. „Die Kür ist dann, auch eigene Tiere in die Zucht- und Auswilderungsstation zu geben“, erklärt Marcel Alaze. Er ist seit dem 1. April 2020 der zuständige Kurator für die Leoparden im Allwetterzoo Münster und ganz begeistert von den Kletterkünstlern. „Vor der Kür steht aber die generelle Erhaltung dieser Art. Sollten wir, was ich sehr hoffe, in naher Zukunft junge Leoparden im Allwetterzoo aufziehen können, bedeutet das deswegen noch nicht, dass genau diese Tiere in eine Zucht- und Auswilderungsstation kommen“, so Alaze. Denn „eine gesunde Zuchtpopulation in den europäischen Zoos zu erhalten, ist ebenso wichtig für diese Art.“

Gemeinsam mit dem WWF

Aber nicht nur in Einrichtungen wie dem Allwetterzoo, auch in seinem jetzigen Verbreitungsgebiet selbst muss etwas geschehen, damit diese Großkatze langfristig überlebt. Und wenn eine Tierart so selten ist wie der Persische Leopard im Kaukasus, ist jede Geburt ein besonders freudiges Ereignis. Zumal den Kamerafallen des WWF im südlichen Sangesur-Gebirge in diesem Fall nicht nur Zwillinge vor die Linse gelaufen waren, auch das Muttertier ist eine alte Bekannte. „Es ist „Burla“. Eine Katze, die wir schon von Kindesbeinen an kennen. Sie ist zum zweiten Mal Mutter geworden“, freut sich Alexander „Alik“ Malkhasyan vom WWF und vermutet: „Der Vater ist wohl „Basat“, ein dem WWF Team ebenfalls bekanntes Männchen.“

Nur einige Kilometer Luftlinie östlich von „Burlas“ Heimat, direkt an der armenisch-iranischen Grenze, liegt das Bergdörfchen Nrnadzor. Dorthin fuhr Alexander „Alik“ Malkhasyan bereits Ende Dezember 2019. Er ist Wildbiologe des WWF Armenien und war mit seinem russischen Kollegen Dr. Pavel Weinberg vor Ort, um eine mehrtägige Exkursion in den Arevik-Nationalpark zu unternehmen. Dort wollten sie in sieben ausgewählten Gebieten Daten zum aktuellen Bestand der Bezoarziegen erfassen. Diese Wildziegen gehören zu den wichtigsten Beutetieren des Persischen Leoparden im Südkaukasus. „Ihre Zahl hat großen Einfluss darauf, ob sich die Großkatze weiter vermehren und verbreiten kann“, so Alik.

Alex Malkhasyan vom WWF, auf der Suche nach Spuren der Persischen Leoparde. Foto: A.Heidelberg /WWF

Die ersten Aufnahmen von Burlas Nachwuchs, gemacht mit einer Kamerafalle. Foto: WWF

Schon beim langen und steilen Aufstieg ins Gebirge wurden Alik und Pavel für ihre Mühe belohnt: Im Schnee entdeckten sie frische Leopardenspuren. Auch ihre sonstigen Funde stellten die beiden sehr zufrieden. Die Auswertung hat gezeigt, dass es mit dem Beutetierbestand weiter aufwärts geht. „Im Untersuchungsgebiet im Arevik Nationalpark beispielsweise zählten wir auf einer Fläche von rund 80 Quadratkilometern 331 Bezoarziegen. Vor zehn Jahren waren es nur 211 gewesen“, freut sich der Wildbiologe des WWF. Aktuell beläuft sich die Gesamtzahl aus allen sieben Untersuchungsgebieten auf sogar 1.300 Tiere.

Diese positive Entwicklung ist auch der Zusammenarbeit von WWF und Allwetterzoo Münster zu verdanken: Denn auch durch die Spenden des »Team Leopard Münster« konnte eine bessere Überwachung des Nationalparks unterstützt werden. Es wurde unter anderem Ausrüstung angeschafft, Wildhüter wurden ausgebildet sowie der Bau von Schlagbäumen zur Vermeidung von nicht befugten Zufahrten und die Errichtung eines Beobachtungsturmes gefördert.

Ein erster Schritt auf einem langen Weg

Dass die Persischen Leoparden dabei sind, ihren angestammten Lebensraum zurückzuerobern, hat bereits die Auswanderung des jungen Neo ins Chosrow-Reservat gezeigt. Dass im Jahr 2020 aber der erste Leopard im Norden angekommen ist, ist etwas was der WWF und der Allwetterzoo einfach großartig finden. Ihrer Meinung war zudem der armenische Premierminister Nikol Paschinjan, der die Entdeckung über die sozialen Medien sowie in einer Pressekonferenz verbreitete und allen Beteiligten ausdrücklich dankte. „Wir haben die Region sofort in unser Wildtier-Monitoring-Netz aufgenommen und dafür Arman Gabrielyan als freiwilligen Leopardenhelfer gewonnen. Bereits seit 2017 unterstützen wir im nahegelegenen Dilidschan-Nationalpark ein Wiederansiedlungsprojekt für den Kaukasus-Maral (eine Rothirsch-Unterart) – nicht zuletzt, um das Nahrungsangebot für Leoparden zu verbessern. Wir hoffen sehr, dass sich der Erfolg in einer von Armans Kamerafallen zeigt“, sagt dazu Alexander Malkhasyan.

Zoos kommt wichtige Funktion zu

Die Leopardenanlage im Allwetterzoo ist zum züchten geeignet.

Doch nicht nur in den Schutzgebieten sind Erfolge ein großer Grund zur Freude. Auch Ex-situ Zuchterfolge tragen zum Überleben der Leoparden bei. Damit die Population möglichst gesund bleibt und ein optimaler Genpool aufrechterhalten werden kann, gibt es das EEP, das Europäische Erhaltungszuchtprogramm. Die EEP-Koordinatoren treffen sich bei der jährlichen EAZA-Tagung (European Association of Zoos and Aquaria), geben dort Reports und erhalten fachliche Ratschläge. EEPs werden von den Taxon Advisory Groups (Spezialisten für eine Tiergruppe) der EAZA

vorgeschlagen, vom EEP-Komitee bestätigt und überwacht. Derzeit befinden sich 90 Persische Leoparden in europäischen Zoos: 51 Kater und 39 Katzen verteilen sich auf 40 Halter.

Der Koordinator für das EEP ist auch dafür verantwortlich, in welche Einrichtung ein Tier wechseln darf, welche zur Zucht geeignet sind und welche genetisch zu dicht beieinander liegen.

Gelungene Zusammenarbeit

Nächtliche Aufnahmen eines Leoparden mit einer Wildtierkamera. Foto: WWF

Dass Institutionen wie der WWF und der Allwetterzoo Münster so gut zusammenarbeiten ist keine Selbstverständlichkeit. Denn Begriff „Zoo“ ist international rechtlich nicht definiert. Es gibt somit keine international rechtlich verbindliche Regelung, die die für den Artenschutz relevanten Aspekte in Zoos und Tierparks festschreiben würde. Das weiß auch Dr. Arnulf Köhncke, Fachbereichsleiter Artenschutz beim WWF Deutschland. Die Natur- und Umweltschutzorganisation befürwortet die Aufgaben, die von Einrichtungen wie dem Allwetterzoo Münster im Bereich Artenschutz,

Bildung und Forschung wahrgenommen werden. „Gut geführte und international anerkannte Zuchtprogramme in Zoos können einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz leisten. Außerdem beteiligen sich viele Zoos an Programmen mit dem Ziel zur Auswilderung bedrohter oder ehemals fast in der Wildnis ausgestorbener oder extrem seltener Arten. Zusätzlich kann die Forschung der Zoos dazu beitragen, das Verhalten, Biologie oder Krankheiten der bedrohten Arten besser zu verstehen, und die Umweltbildungsprogramme der Zoos können Menschen für den Erhalt der Artenvielfalt gewinnen.“ (Autor: Sebastian Rohling)