Mit der neuen Tropenhalle den Klimazielen 2050 ein grosses Stück näher

An der Stallung von Elefantenbulle Alexander werden Messungen an den Erdwärmeleitungen vorgenommen. Die Ergebnisse dienen dann zur Berechnung, wie viele Bohrungen für die neue Tropenhalle notwendig sind. Auch die Tiefe der Bohrungen wird hier berechnet.

Die Stadt Münster hat im März 2008 ihr städtisches Klimaschutzziel beschlossen. Dieses umfasst die Reduzierung der CO2-Emissionen um 40% bis zum laufenden Jahr 2020 und der Erhöhung des Anteils der regenerativen Energieträger auf 20% - ebenfalls bis zu diesem Jahr. Ziele, die der Allwetterzoo bereits vor einigen Jahren erreicht hat. So war der Anteil regenerativer Energien 2014 bei 47%, was bereits vor sechs Jahren eine CO2 Reduzierung von 52% bedeutete.

Der Abgleich der Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Allwetterzoo Münster erfüllt bereits seit mehreren Jahren Münsters Klimaschutzziele. Sogar der erneuerbare Energieanteil wird mit einer Erhöhung um 24%

erfüllt. Somit hat der Allwetterzoo die Klimaschutzziele der Stadt Münster für 2020 bereits 2014 erfüllt. Nun liegt jedoch der Fokus auf den Klimazielen für 2030. „Wir werden die Ziele aller Voraussicht nach schon sehr viel früher erreichen“, sagt dazu der technische Leiter Dirk Heese.

Zoo und Klimawandel, da kommen gleich mehrere Ebenen auf einmal zusammen. „Klimawandel ist zwar derzeit noch nicht die stärkste Bedrohung der Arten, dennoch muss man natürlich auch im Artenschutz stärker auf die durch den Wandel besonders bedrohten Arten eingehen. Und da geht es nicht nur um den Eisbären“, sagt der Dr. Simone Schehka, Geschäftsführerin des Allwetterzoos. „Der Zoo als Unternehmen muss, was Klimaschutz angeht, mit gutem Beispiel voran gehen. Zum Wohle von Natur und Tier – und am Ende auch zum Wohle von uns Menschen.“

Vorbildlich im Klima- und im Artenschutz

Das Management des Allwetterzoos geht die Thematik auf mehreren Ebenen an. „Nicht nur in der Tierhaltung und dem Artenschutz beschreiten wir neue Wege. Auch bei einem der brennendsten Themen unserer Zeit, dem Energiesparen, sind wir Vorreiter“, so Dirk Heese. „Zukunftsorientierte und vor allem die Umwelt schonende Energieversorgung betreiben wir seit Anfang der 1990er Jahre. Unsere Maßnahmen sind vielfältig und berücksichtigen immer auch die Aspekte Nachhaltigkeit, Umweltschutz, CO2-Reduzierung sowie Kostenersparnis.“

Der Allwetterzoo nimmt die Aufgabe des Natur- und Umweltschutz in allen Bereichen wahr. So werden seit 1974 die Energieverbräuche für Strom und Wärme gezählt, gelistet und zoospezifische analysiert. Die klimatische Konditionierung der Tierhäuser erfordert ein besonderes Augenmerk auf die Art der Wärmeerzeugung und den Primärenergieträger. So ist in den Jahren 1990 bis 2019 der Heizölverbrauch vollständig durch Erdgas und Kraft-Wärme-kopplung (KWK) substituiert worden.

Vorgabe für 2030 bereits 2019 erreicht

Durch den Bezug von Ökostrom und Stromerzeugung mittels Zooeigener PV-Module kann der Anteil der regenerativen Energien am Gesamtenergieverbrauch deutlich erhöht werden. Der CO2-Ausstoß für den „Anteil Strom“ ist um 89% gegenüber 1990 gesunken. „Somit ist für die Einzelbetrachtung Strom die energiepolitische Vorgabe für 2030 bereits 2019 erreicht worden. Für den Bereich Wärme werden die Werte derzeit um 8% unterschritten“, listet Heese weiter auf. Das sind 55 % weniger Treibhausgase im Vergleich zum Jahr 1990. Mit dem Klimaschutzprogramm sind in diesem Fall bereits die Ziele für 2030 erreicht.

Eine weitere Besonderheit im Allwetterzoo Münster, die auch für vorzeitige Erreichen der städtischen Klimaschutzziele verantwortlich ist, ist die Erstellung von Energieausweisen für Tierhäuser. „Für uns ist das von zentraler Bedeutung für den Klimaschutz und für die CO2-Einsparung“, sagte dazu der technische Leiter des Allwetterzoos. Für Wohngebäude gibt es Energieausweise bereits. Sie geben Aufschlüsse über den Primär-Energiebedarf und -verbrauch, den End-Energiebedarf und den CO2-Austoß. „Energieausweise für Tierhäuser gab es bis 2010 noch nicht, da es kein Standard-Nutzverhalten gibt. Deshalb haben wir Standards für Energieausweise für unsere Tieranlagen entwickelt. Und da waren wir die ersten im deutschsprachigen Raum, die so etwas in einem Zoologischen Garten gemacht haben.“

Tierhäuser mit Energieausweis

In einem Energieausweis werden energetische Bewertungen dokumentiert. Hierbei geht es um die Reduzierung von Verbrauchswerten, die CO2-Einsparung sowie eine zeitgemäße Sanierung unter Einsatz von regenerativen Energien. Konkret wurden die Wärmetrassen im Zoo auf Auslastung, Lebensdauer und die heutigen Anforderungen hin untersucht.

Im Rahmen einer Kooperation mit der Beuth Hochschule für Technik Berlin und der BAnTec GmbH Berlin wurden die Möglichkeiten für Energieausweise für Tierhäuser wissenschaftlich untersucht. An der vorbereitenden, umfassenden Datenerfassung und Analyse der Energiesituation des Zoos waren Studierende und Mitarbeiter beider

Einrichtungen beteiligt. Sie untersuchten rund 4,8 Kilometer der zooeigenen Nahwärmetrasse und

analysierten 35 Gebäude. „Es wurde überprüft, ob ein ressourcenschonender Betrieb mit erneuerbaren Energien möglich ist. Es wurden bauphysikalische Untersuchungen vorgenommen, die Rückschlüsse auf die Bausubstanzen zulassen. Die Verbrauchswerte der zurückliegenden Jahre wurden gemittelt und daraus die tatsächlich benötigte Primär-Energiemenge berechnet“, sagt Heese. So beinhaltete die Analyse neben den oben genannten Untersuchungen auch Thermographie, Messung der physikalischen Größen, Untersuchung der Luftauslässe, Strömungssimulation sowie Rauchversuche.

Neue Tropenhalle ist ein wichtiger Baustein

Schon auf einem sehr guten Weg, will sich der Allwetterzoo Münster aber nicht auf den guten Ergebnissen ausruhen. Er will seiner Vorreiterrolle weiter gerecht werden und diese ausbauen. „Die Errichtung der neuen Tropenhalle soll nicht nur von Aussterben bedrohten Tieren eine neue Heimat geben. Die Tropenhalle soll auch in Sachen Energieeffizients vorbildlich sein“, nennt Dr. Simone Schehka den Anspruch der neuen Tropenhalle. „Aktuell nutzen wir die Erfahrungen der vergangenen Jahre dazu, um unsere neue Tropenhalle so nachhaltig und energieeffizient wie nur irgend möglich zu bauen und am Ende auch betreiben zu können.“

Um diese Ziele zu erreichen, werden bei der Planung sowie dem späteren Bau modernste Werkstoffe und Verfahren angewendet, um die Tropenhalle trotz ihres enormen Energiebedarfs so klimaneutral wie nur irgend möglich betreiben zu können. „Aktuell werten wir die Daten aus den bereits existierenden Bodensonden rund um den Elefantenpark aus. Auf dieser Basis werden wir dann errechnen, wie viele Bohrungen wir für die neue Tropenhalle benötigen, die wir ebenfalls mit Erdwärme betreiben werden“, erklärt der technische Leiter Dirk Heese, der derzeit von 48 benötigten Bohrungen ausgeht. Weiter werden die Wärmepumpen in der neuen Tropenhalle mittels Photovoltaik mit Strom versorgt. Für eine konstante Temperatur in der 2500 Quadratmeter großen Halle mit Foliendach wird das Verfahren der thermischen Bauteilaktivierung, auch Betonkernaktivierung genannt, angewendet.

„Wenn alles gut geht, wird die neue Tropenhalle am Ende sehr nachhaltig sein. Wärme, Strom, Wasseraufbereitung – wir werden unter anderem die Tropenhalle mittels Geothermie und Photovoltaik betreiben“, so Geschäftsführerin Dr. Simone Schehka. „Wer als Sponsor oder Partner Teil dieses Projektes sein will, ist herzlich eingeladen mit uns in Kontakt zu treten.“ Und der technischer Leiter Dirk Heese freut sich: „Die Klimaziele von Bund, Land und Kommune für 2030 haben wir dann mit Fertigstellung in 2022 schon unterschritten und würden uns dann schon deutlich den Zielen von 2050 annähern.“ (Autor: Sebastian Rohling)