Ein 99 Millionen Jahre altes Bein
wurde beschrieben

Dr. Philipp Wagner, Kurator für Forschung und Artenschutz am Allwetterzoo, war der leitende Autor der Studie. Bild: Wagner

Viele Bernsteinfossilien bestehen nur aus Einzelteilen. Das kann ein Hautfetzen, eine Feder, ein Echsenschwanz oder wie in diesem konkreten Fall einem Hinterbein sein. Solche Einzelteile den richtigen Tiergruppen zuzuordnen erfordert meist viel Vergleichsarbeit und über Jahre dauernde Untersuchungen. Ein internationales Forscherteam unter Beteiligung eines Mitarbeiters vom Allwetterzoo Münster haben es nun geschafft, ein Hinterbein der Echsenfamilie der Agamen zuzuordnen und haben es als neue Gattung sowie neue Art beschrieben.

Der Bernstein, ein so genannter Burmit, stammt aus der mittleren Kreide von Myanmar und ist rund 99 Millionen Jahre alt. Was in diese Bernsteine eingeschlossen wurde lebte also zu einer Zeit, als die Dinosaurier noch die Welt beherrschten. Bernstein ist fossiles ein Baumharz, in dem die Tiere und Pflanzen kleben blieben. Dann wurden sie entweder komplett, oder zumindest teilweise umschlossen und fossilisierten damit. Gerade der Burmit ist dabei so Fossilreich, dass er sich in den seltensten Fällen als Schmuckstein lohnt. Das wiederum ist gut für die Forschung. Denn über ihn lässt sich erforschen, wie der Lebensraum um die Dinosaurier aussah. Burmit enthält Pflanzenreste, Schleimpilze, winzige Amphibien, Echsen und sogar Federn der Dinosaurier.

Allerdings können sich viele Tiere aus der klebrigen Harzmasse befreien oder werden nur zum Teil eingeschlossen, so dass der freie Teil gefressen wird oder verrottet. Oft sind es daher nur Bruchstücke, die erhalten sind. Mit viel Glück ist es ein Schädel, das aussagekräftigste Skeletettteil – aber oft sind es Hautreste, Haare oder Federn, Echsenschwänze oder eben Beine.

In diesem Fall ist es ein kleiner Bernstein aus einer Privatsammlung die

im American Museum of Natural History in New York aufbewahrt wird und der ein komplettes Hinterbein einer Echse enthält. „Uns war sehr schnell klar, dass wir es hier mit dem Hinterbein einer Echse zu tun haben. In welche Gruppe sie aber einzuordnen ist, das hat uns lange Zeit der intensiven Recherche gekostet“, erklärt Dr. Philipp Wagner, Kurator für Forschung und Artenschutz am Allwetterzoo und leitender Autor der Studie. „Bernsteinfossilien sind ganz anders erhalten als andere Fossilien. In unserem Fall war die Haut sehr gut abgebildet, aber es fehlten innere Strukturen wie Knochen. Daher mussten wir beim Vergleich vor allem auf heute lebende Arten zurückgreifen. Und hier waren es Details in der Beschuppung, die den Ausschlag für die Einordnung gegeben haben.“

Dabei war nicht nur die Einordung in die Familie der Agamen möglich, sondern es wurde auch offensichtlich, dass es sich um eine neue Gattung und Art handelt, die jetzt auch offiziell als Protodraco monocoli beschrieben wurde. Der Artname monocoli bezieht sich auf einfüßige Fabelwesen, die unter anderem 77 n. Chr. von Plinius dem Älteren in seiner berühmten Naturgeschichte erwähnt werden. Und Plinius war es auch, der die ersten Bernsteinfossilien beschrieb und bereits zu seiner Zeit richtig deutete, dass diese von flüssigem Baumharz umschlossen und dann versteinert wurden.

Publikation zum Download