Allwetterzoo Münster trägt zum Schutz der letzten 500 Bengaltrappen in Südostasien bei

Ein erst eine Woche alte erste Küken im Jahr 2020. Bild: Michael Meierhoff, ACCB

Die Bengaltrappe ist eine der am stärksten bedrohten Vogelarten der Welt. Ihre weltweite Population wird auf unter 1500 Individuen geschätzt, die vorwiegend auf dem indischen Subkontinent vorkommen. In Südostasien leben die letzten rund 500 Bengaltrappen in Kambodscha – und die Bestände sinken weiter. Im Jahr 2014 hat eine Studie postuliert, dass die Bengaltrappe innerhalb von zehn Jahren in Kambodscha aussterben wird, wenn nichts unternommen wird. Das will unter anderem das Team des ACCB, die Artenschutzeinrichtung des Allwetterzoo Münsters, verhindern. Dafür hat die Einrichtung jüngst eine Spende von „Wildlife Reserves Singapore“ in Höhe von über 12.465 Euro erhalten.

Die Bengaltrappe steht in Südostasien unter Druck und die Chance, dass sie hier ausstirbt ist größer als das Überleben. „Das allein ist schon eine Katastrophe, wir gehen aber davon aus, dass es sich bei den Tieren in Kambodscha um eine eigene Art oder Unterart handelt, was wir aber noch untersuchen müssen“, sagt Dr. Philipp Wagner, Kurator für Forschung und Artenschutz am

Allwetterzoo und zuständig für das Angkor Centre for Conservation of Biodiversity (ACCB).

Als Lebensraum braucht die Bengaltrappe sich regelmäßig verjüngendes Grasland, zum Beispiel durch saisonale Überflutungen. Daher kommt sie in Kambodscha am Tonlé Sap, dem größten See Südostasiens, vor. Und genau hier liegt ihre Bedrohung. denn dieser Lebensraum wird vom Menschen stark genutzt und immer stärker umgewandelt. Grasland wird trocken gelegt und in Plantagen verwandelt. Es wird durch Nutztiere überweidet, überbaut und Staudämme halten die zum Überleben wichtige Überflutung zurück. „Und zusätzlich beginnt der Klimawandel seine Auswirkungen zu zeigen“, betont Philipp Wagner. „Denn der Tonlé Sap wird trockener und die Überflutungen bleiben aus – ein Teufelskreis.“

Die Dimensionen sind durchaus gewaltig. Während der Trockenzeit hat der See eine Oberfläche von rund 2500 Quadratkilometern. Zum Vergleich: Der Bodensee hat eine Oberfläche von nur 536 Quadratkilometer. Und diese ohnehin schon große Fläche vergrößert sich nach der Regenzeit um das zehnfache auf 25 000 Quadratkilometer. Dabei drücken die Wassermassen des Mekong, in den der See normalweise entwässert, so stark, dass aus dem Abfluss aus dem See ein Zufluss wird. Daher war der Tonlé Sap und sein Umland schon immer eine ganz besondere Lebensader in Kambodscha – sowohl für die Menschen, als auch die Tiere.

Hand in Hand mit der World Conservation Society

Diese Gründe sorgen dafür, dass die Bengaltrappe in Südostasien kurz vor der Ausrottung steht. Es gibt zwar Schutzgebiete inklusive einer Überwachung der Bestände durch die Naturschutzorganisation „World Conservation Society (WCS)“, diese reichen aber nicht aus, um die Art nachhaltig zu retten. Bei einem von WCS durchgeführten Zensus in diesem Jahr wurden nur noch knapp über hundert Tiere erfasst. Auch in die Schutzgebiete wird immer stärker eingegriffen und die Überflutungen bleiben aus. Daher hat das kambodschanische Umweltministerium (Ministry of Environment) 2019 beschlossen, dass das ACCB zusammen mit der „World Conservation Society“ Eier aus der Natur entnehmen soll, um einer Erhaltungszucht aufzubauen. Dabei arbeiten die beiden Partner Hand in Hand. Während WCS sich um den Schutz der Trappe im Lebensraum bemüht, ist es die Aufgabe des ACCB die Erhaltungszucht voranzutreiben. Dadurch soll die Population, wenn die Schutzbemühungen im Lebensraum wieder greifen, mittels kontrollierter Nachzucht wieder gestärkt werden. Ohne eine erfolgreiche Erhaltungszucht im ACCB wird die Art aller Voraussicht nach in Südostasien aussterben.

Dorf am Tonlé Sap. Der See ist Lebensader in Kambodscha und die Uferregionen dicht besiedelt. Bild: Philipp Wagner, ACCB

Mit der finanziellen Unterstützung durch „Wildlife Reserves Singapore“ entsteht derzeit die erste Zuchtanlage für die Barttrappe im ACCB. „Die Planungen hierfür gestalten sich alles andere als leicht“, führt Wagner aus. „Gerade in Corona Zeiten können wir nur mit den Materialien bauen, die wir im Land bekommen. Zudem wurde die Art bisher kaum gehalten und erstrecht nicht gezüchtet. Wir betreten hier quasi Neuland. Vor allem aber muss die Anlage so gesichert sein, dass kein Beutegreifer eindringen kann – dafür ist jede einzelne Barttrappe viel zu wichtig.“ Und das bedeutet, dass die Anlage neben Kleinsäugern und Vögeln auch gegen Schlangen und Warane gesichert sein

muss. „Deutlich wurde das bei meinem vergangenen Besuch im ACCB. Während einer Führung haben wir eine Speikobra im Gehege der ersten Trappen gefunden und konnten sie zum Glück rechtzeitig herausfangen.“

Der Start ist geglückt

Die ersten Bewohner der zukünftigen Anlage sind bereits im ACCB angekommen. Sieben Küken konnten wir schon 2019 erfolgreich groß ziehen und auch in diesem Jahr ist das erste Küken geschlüpft. „Umso dankbarer bin ich Wildlife Reserves Singapore, dass sie uns trotz der global angespannten Finanzlage durch Corona die Fördergelder in Höhe von 20000 SGD (Singapur Dollar), rund 12.465 Euro, zu Verfügung stellen um die Zuchtanlage möglichst zügig zu bauen“, sagt Wagner abschließend.

Konstruktionszeichnung der neuen Zuchtanlage. Bild: Pau Puigcerrver, ACCB

Das ACCB

Das Angkor Centre for Conservation of Biodiversity (ACCB) in der Nähe der Tempelanlagen des Weltkulturerbes Angkor Wat war eines der ersten Naturschutzzentren Kambodschas. Ziel des ACCB ist es, zum Erhalt der Tierwelt in der Region Angkor und der Biodiversität generell in Kambodscha beizutragen. Ein Zentrum zur Zucht hochgradig bedrohter Tierarten und ein Schulungs- und Informationszentrum für die einheimische Bevölkerung sowie auch Touristen bilden den Kern des Projektes.